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pro mente und VHS Kärnten feiern 20 Jahre Zusammenarbeit

Spannende Vorträge zu psychosozialen Themen mit hochrangigen Vortragenden zu sozial verträglichen Preisen. Seit 2000 organisieren pro mente kärnten und die VHS diese Angebote und bieten ab kommenden Jahr auch die Lehrgänge "Erste Hilfe für die Seele" an. Aus diesem Grund baten wir pro mente Geschäftsführerin Eva Leutner ein paar Fragen zu den aktuellen Vorträgen zu beantworten und das Kärntner Bündnis gegen Depression vorzustellen.

pro mente und VHS Kärnten feiern 20 Jahre Zusammenarbeit

Eva Leutner ist Geschäfstführerin von pro mente kärnten.

Die Vorträge finden heuer erstmals online und in präsenz statt. Das Thema stößt demnach auf großes Interesse bei der Bevölkerung. Ist das Thema Depressionen im Winter aktueller und warum ist das so? Stichwort: Coronavirus. Brauchen durch den Lockdown mehr Menschen Unterstützung als sonst?
Eva Leutner: Das Interesse an Vorträgen zu den Themen Depression und Suizidprävention kennt eigentlich keine Jahreszeit. Depression ist eine der am weitest verbreiteten psychischen Erkrankungen, die jedoch gut behandelt werden kann, wenn sie einmal diagnostiziert und der betroffene Mensch bereit ist, um Hilfe zu fragen und diese auch anzunehmen.
Sicherlich können auch die dunklen Tage, Nebel, wenig Sonne, die Erinnerung an Weihnachten mit Menschen, die es in unserem Leben vielleicht nicht mehr gibt, dazu beitragen, dass das seelische Wohlbefinden sinkt, es zu depressiven Verstimmungen kommt. Dabei handelt es sich aber noch um keine Depression im Sinne einer psychischen Erkrankung. Den Unterschied zu erkennen und zu lernen, was ich selber zu meinem seelischen Wohlbefinden beitragen kann, ist immer eines der zentralen Themen der Vorträge, ebenso, welche Behandlungsmöglichkeiten im Falle einer Depression wirksam und wie Anzeichen des Verlustes an Lebensmut zu erkennen sind.
Ja, durch den Lockdown brauchen mit Sicherheit mehr Menschen Unterstützung, wir sehen es nicht nur an den steigenden Anfragen bei den Einrichtungen von pro mente kärnten, es gibt mittlerweile auch einige sehr fundierte Studien aus der Zeit des ersten Lockdowns, welche die Auswirkungen dieser speziellen Situation auf die Psyche von Menschen untersucht haben.  Prim. Oberlechner wird in seinem Vortrag auch auf einige dieser Studien eingehen.

Was macht die Epidemie mit uns allen?
Leutner: Wir müssen feststellen, dass zunehmend mehr, insbesondere auch bisher psychisch stabile Menschen,  verunsichert  werden und dadurch aus dem Tritt geraten. Nicht nur Wissenschaft, Forschung und Politik werden im Hinblick auf COVID-19 mitunter als unzuverlässig empfunden, auch die wirtschaftlich-gesellschaftlichen Rahmenbedingungen führen zu Unsicherheit.  Mittlerweile haben Menschen ihren Arbeitsplatz verloren, die vor einen Jahr niemals auf die Idee gekommen wären, dass sie einmal von Arbeitslosigkeit betroffen sein könnten. Der wirtschaftliche Einbruch verschlechtert die Jobaussichten insbesondere von Jugendlichen weiter, die ältere Generation wurde insbesondere als „Hochrisikogruppe“ im ersten Lockdown in unterschiedlicher Weise diskriminiert.
Generell kommt es zu einer immer stärker werdenden Individualisierung, immer mehr Menschen leben alleine, arbeiten unter Umständen im Home Office und haben immer weniger „reale“ soziale Kontakte. Besonders belastet sind AlleinerzieherInnen, die eine Unzahl von Aufgaben zu bewältigen haben. Mit all diesen psychischen Belastungen kommen nun vermehrt Menschen zu uns und ersuchen um Unterstützung.

Warum sind die Vorträge für die Teilnehmer hilfreich?
Leutner: In den letzten Jahren wurden die Vorträge überwiegend in gesunden Gemeinden in ganz Kärnten angeboten. Das Erfolgsrezept dieser Vorträge ist, dass sie immer in drei Blöcken aufgebaut sind: zuerst gibt es den Vortrag der ExpertInnen, die über die Ursachen von psychischen Erkrankungen sprechen, wie man sie erkennen und behandeln kann. In einem zweiten Teil werden die ZuhörerInnen ersucht, ihre Fragen zu stellen und ihre Anliegen einzubringen, an dieser Stelle erfolgt  meist ein sehr reger Austausch. Im letzten Teil wird dann über jene Ansprechpersonen und Institutionen informiert, bei denen man sich in der jeweiligen Region rasch Hilfe holen kann. Die Auswertung der Kurzfragebögen, die bei allen Veranstaltungen ausgefüllt werden, bestätigt uns immer wieder, wie wichtig es ist, ein Tabuthema wie psychische Erkrankung öffentlich anzusprechen. Seelisches Leid ist noch immer viel zu oft ein Tabu, das mit Scham und Stigma verbunden ist.
In Zeiten der Pandemie konnten wir mit Hilfe der Kärntner Volkshochschulen rasch auf ein digitales Format umstellen. Das ist sicherlich eine große Herausforderung für die ReferentInnen, die ohne Kontakt zum Publikum sprechen und auch das Stellen von Fragen kann nur über Chat erfolgen. Dennoch ist das Interesse enorm, weil offenbar ein großer Bedarf nach Information da ist und damit verbunden auch der Wunsch, die eigene Selbsthilfekapazität zu stärken.

Was sind die Ziele des Kärntner Bündnisses gegen Depression?
Leutner: In Österreich leiden derzeit mindestens 400.000 Menschen (5% der Bevölkerung) an einer behandlungsbedürftigen Depression. Mit den Aktionsprogrammen soll die Diagnose und Behandlung depressiv erkrankter Menschen in Österreich verbessert werden. Es soll eine Veränderung des Bewusstseins in der Öffentlichkeit und Fachwelt gegenüber dieser häufigen und ernsthaften Erkrankung  bewirkt werden und somit auch eine Entstigmatisierung der von Depression betroffenen Menschen. Diese Initiative  ist somit auch ein wesentlicher Teil der Suizidprävention, mit der eine Vermeidung von Suiziden und Suizidversuchen erreicht werden soll.
Das Kärntner Bündnis gegen Depression wird von der Sozial- und Gesundheitsreferentin Dr. Beate Prettner und dem Gesundheitsland Kärnten unterstützt, KooperationspartnerInnen sind alle in diesem Feld tätigen Krankenhausabteilungen und NGOs.
Das „Kärntner Bündnis gegen Depression“ ist ein Teil des  Österreichischen Bündnisses gegen Depression, das auch international vernetzt ist, mit ähnlichen Materialien, einer gemeinsamen Corporate Identity und gemeinsamer Methodik arbeiten 22 Partnerländer (in 100 Regionen) an der Verbesserung der Situation depressiv erkrankter Menschen und deren Angehöriger.

Danke für die 20 Jahre Zusammenarbeit und wir freuen uns auf die nächsten 20 Jahre.

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